Der Mohn

Sammlung: Lieder

Wie dort, gewiegt von Westen,
Des Mohnes Blüthe glänzt!
Die Blume, die am besten
Des Traumgotts Schläfe kränzt;
Bald purpurhell, als spiele
Der Abendröthe Schein,
Bald weiß und bleich, als fiele
Des Mondes Schimmer ein.

Zur Warnung hört' ich sagen,
Daß, der im Mohne schlief,
Hinunter ward getragen
In Träume, schwer und tief;
Dem Wachen selbst geblieben
Sei irren Wahnes Spur,
Die Nahen und die Lieben
Halt' er für Schemen nur.

In meiner Tage Morgen,
Da lag auch ich einmal,
Von Blumen ganz verborgen,
In einem schönen Thal.
Sie dufteten so milde;
Da ward, ich fühlt' es kaum,
Das Leben mir zum Bilde,
Das Wirkliche Zum Traum.

Seitdem ist mir beständig,
Als wär' es so nur recht,
Mein Bild der Welt lebendig,
Mein Traum nur wahr und echt;
Die Schatten, die ich sehe,
Sie sind, wie Sterne, klar.
O Mohn der Dichtung! wehe
Um's Haupt mir immerdar!


Literatur von Ludwig Uhland bei Amazon